Iranistik

Die Iranistik oder Irankunde (auch Iranologie) ist eine interdisziplinäre Kulturwissenschaft im Grenzbereich von Philologie, Kulturanthropologie, Archäologie und Geschichtswissenschaft, die sich mit dem Studium des geistigen und materiellen Kulturgutes der iranischen Völker vom Altertum bis in die Gegenwart (insbesondere die Länder Iran, Afghanistan und Tadschikistan betreffend, daneben auch Teile Aserbaidschans, Armeniens, Georgiens, der Türkei, des Irak, Syriens, Usbekistans, Pakistans und Indiens beschäftigt. Hierzu zählen die Geschichte, die Literatur, Kunst und Kultur der Iranischen Völker. Weiterhin befasst sie sich mit dem Studium der iranischen Sprachen.

Dabei befasst sich die Altiranistik mit den vorislamischen iranischen Kulturen und den früheren Sprachperioden (alt- und mitteliranische Sprachen). Sie weist wesentliche Verbindungen zur Indologie, Indogermanistik und Religionswissenschaft auf. Gegenstand der Neuiranistik sind hingegen die iranische Kultur seit der Islamisierung und vor allem die (Neu-)Persische Sprache, sie hat Überschneidungen mit der Islamwissenschaft. Daneben gibt es jeweils eigene Philologien für die neuiranischen Sprachen Kurdisch (Kurdologie), Ossetisch (Ossetologie) und Paschtu.

Ein Forscher auf dem Gebiet der Iranistik wird als Iranist oder Iranologe bezeichnet.

Die Iranistik in Europa

Erste Auseinandersetzungen mit Geschichte und Kultur des Iran setzen seitens europäischer Länder im 17. Jh. ein. Zunächst handelte es sich vor allem um Reiseberichte, die von Gesandten und Kaufleuten, die Iran bereisten, verfasst wurde. Auf Russisch gibt es einen solchen Reisebericht sogar bereits aus dem 15. Jahrhundert. Einer der bekanntesten dieser Reiseberichte ist der von Adam Olearius, der in den Jahren 1635–39 an den Safavidenhof reiste.

Ab der ersten Hälfte des 19. Jh. entwickelt sich die Iranistik als eine selbständige Disziplin innerhalb der orientbezogenen Forschung. Diese Entwicklung wurde wesentlich dadurch befördert, dass man im späten 18. Jahrhundert erstmals Kenntnis des Avesta erhalten hatte. Zentral für die weitere Auseinandersetzung mit iranischer Geschichte und Kultur wurde das philologische Interesse an den indo-europäischen Sprachen. Einen weiteren wichtigen Schritt stellte die partielle Entzifferung der altpersischen Keilschrift durch den Göttinger Gelehrten Georg Friedrich Grotefend im Jahr 1802 dar.

Persisch wurde ab dem 18. Jahrhundert als gleichwertig mit Arabisch und Türkisch betrachtet und im universitären Rahmen gelehrt. Die Entwicklung in den einzelnen Ländern verlief unterschiedlich. In Deutschland entwickelte sich die Iranistik als Fach zuerst an der Georg-August-Universität Göttingen. Einen wichtigen Bereich der Forschung stellte zunächst die Beschäftigung mit dem vorislamischen Iran dar. Hinzu kam schon bald die Beschäftigung mit dem Iran in islamischer Zeit. Auch archäologische und kunstgeschichtliche Forschungen, wie sie beispielsweise von Ernst Hertzfeld durchgeführt wurden, spielen bis heute eine Rolle. Heute gibt es in Deutschland das Fach Iranistik an den Universitäten Göttingen, Marburg, Köln, Hamburg, Bamberg und an der Freien Universität in Berlin.

In Frankreich spielte für den Unterricht des Persischen sowie die Herausbildung einer Iranistik die École spéciale des langues orientales eine zentrale Rolle. Für die Geschichte dieser Institution spielte u. a. Charles Scheffer eine wichtige Rolle, der dort ab 1857 den Lehrstuhl für Persisch innehatte. Schon früh begannen von französischer Seite außerdem archäologische Forschungen im Iran. Heute sind in Frankreich das Institut d’études iraniennes an der Sorbonne sowie der Lehrstuhl für persische Sprache am Institut national des langues et civilisations orientales (INALCO) wichtige Zentren für iranistische Forschung und Lehre.

In Großbritannien standen am Anfang eines Interesses für das Persische die kolonialen Aktivitäten in Indien, wo das Persische bis ins 19. Jahrhundert Staats- und Hofsprache des Mogulreiches war. Als wichtige Figur ist hier vor allem Sir William Jones zu nennen, der insbesondere auf dem Gebiet der iranistischen Philologie Pionierarbeit geleistet hat. Iranistik war zunächst am University College of London angesiedelt, aus dem später die School of Oriental Studies hervorgegangen ist (heute: School of Oriental and African Studies (SOAS)). Wichtige Institutionen für die Iranistik befinden sich auch in Cambridge und Oxford.

In Europa befinden sich weitere wichtige Institute für Iranistik an der Universität Leiden sowie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Auch in Venedig und Krakau kann Iranistik studiert werden.

Die Dachorganisation europäischer Iranisten, die Societas Iranologica Europaea, organisiert regelmäßig Konferenzen in unterschiedlichen Universitäten und Wissenschaftszentren der Welt.

Wertvolle Sammlungen zur iranischen Kultur finden sich im Londoner British Museum, im Pariser Louvre, in der St. Petersburger Eremitage, im Leidener Rijksmuseum van Oudheden, und im Pergamonmuseum (Museumsinsel), Berlin.

Wichtige Handschriftensammlungen befinden sich in der British Library in London, der Bibliothèque Nationale in Paris, in der Staatsbibliothek in Berlin sowie in St. Petersburg. (Quelle: Wikipedia)

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